Quo vadis Österreich?
Integration durch Exklusion?
Über Integration zu sprechen und gleichzeitig Menschen aufgrund eines bestimmten Identifikationsmerkmales auszuschließen, scheint mehr als nur paradox zu sein. BM Kurz möchte dem Vorschlag des Vizerektors der Universität Wien, Heinz Faßmann nachgehen, ein Kopftuch-Verbot im öffentlichen Dienst im Integrationspaket zu inkludieren.
Abseits davon, dass es wohl im politischen Trend liegt, sich eines Intellektuellen zu bedienen, um den eigenen politischen Kurs zu rechtfertigen, ist es hoch verwirrend, dass Migrationsexperte, Heinz Faßmann, einen derartigen Vorschlag macht. Denn keines der sozialtheoretischen Ansätze, die in Bezug auf Integration gängig sind, gehen von Integration durch Exklusion aus. Eine einheitliche Definition von Integration gibt es zwar nicht, aber es besteht im wissenschaftlichen Diskurs Konsens darüber, dass Integration das Gegenteil von Desintegration im Sinne von Ab-und Ausgrenzung ist, was dem Vorhaben von BM Kurz diametral entgegensteht.
Gerade, weil Integration ein wichtiges Thema ist, darf diese Debatte nicht polarisierend und auf dem Rücken einer bestimmten Gruppe der Bevölkerung geführt werden.
Daher sollte die Politik diese nicht nur auf einem „Stück Stoff“ begrenzen, denn schließlich betrifft das Integrationspaket alle zu integrierenden Mitglieder in einer Gesellschaft und nicht nur etwa die Muslime oder gar nur die muslimischen Frauen. Was passiert mit den muslimischen Männern? Dürfen sie adäquat dazu im öffentlichen Dienst kein Bart tragen? Was passiert mit jenen, die keine Muslime sind bzw. keine Kopfbedeckung haben und dennoch etwa aufgrund ihrer mangelnden Sprachkenntnisse oder der niedrigen Qualifikation am Arbeitsmarkt und im sozialen Leben schwer integrierbar sind? Was passiert mit all jenen MuslimInnen, die bereits jahrelang ihren Dienst der Republik Österreich gegenüber leisten und ein fester Bestandteil ihres Betriebs bzw. ihrer unmittelbaren Gesellschaft sind?
Integration betrifft alle Teile der Bevölkerung im gleichen Maße, unabhängig davon welcher Religion, ethnischen Zugehörigkeit, Geschlecht etc… man angehört oder aber, ob man der Mehrheitsgesellschaft oder als Minderheit innerhalb der Mehrheitsgesellschaft als Teil dieser lebt.
Selbstverständlich müssen Schwierigkeiten angesprochen werden und gemeinsam muss an Lösungsvorschlägen gearbeitet werden. Allerdings muss man vorerst fachkundig eruieren, wo die Schwierigkeiten im Integrationsprozess liegen, bevor man pauschal ein Verbot formuliert, weil man sich dadurch viel eher einen politischen Erfolg verspricht.
Muslime bestreiten nicht, dass Verbesserungsmöglichkeiten im Integrationsprozess möglich sind, allerdings sind hiervon zu integrierende Muslime wie Nichtmuslime betroffen, weil es hierbei oftmals um soziale Probleme oder um politische Versäumnisse in der Migrationspolitik geht und Integration keine „Glaubensfrage“ ist.
Daher wollen wir als albanische Kultusgemeinde, als eine muslimische Organisation, nicht aus der rechtfertigenden Ecke heraus RE-agieren, sondern verlangen von den Verantwortlichen der Politik Integration als solche zu behandeln, was sie ist- eine Querschnittsmaterie und ein Prozess der über jegliche religiösen Grenzen hin zu betrachten ist!
Anstatt also die Integrationsdebatte auf dem Rücken muslimischer Frauen abzuhandeln, könnte man beispielsweise gemeinsam mit Betroffenen an Strategien arbeiten, wie man etwa das Bewusstsein hinsichtlich der Gleichwertigkeit zwischen den Geschlechtern allgemein hebt, unabhängig davon, ob es um Muslime oder Nichtmuslime geht. Denn heute noch verdienen Frauen in Österreich um einiges weniger als Männer, bei gleicher Qualifikation.
Stellt man sich also die Frage, wohin wir ÖsterreicherInnen wandern, wenn wir im Trend der Populisten die Gesellschaft spalten, sollte man eine gesellschaftliche Verantwortung erkennen, niemanden aufgrund des Glaubens oder Geschlechts zu exkludieren, sondern vielmehr gerade für Frauen Rahmenbedingungen zu schaffen, um ihnen Arbeitswelt und Familie, Arbeitswelt und Weltanschauung usw. zu ermöglichen. Gerade Verantwortliche, die hohe Ämter in der Politik bekleiden, müssen sich dieser Verantwortung in der Gegenwart besinnen und daher mit bestem Beispiel vorangehen.